„Alle Wiesen und Matten, alle Berge und Hügel sind Apotheken. Jedes Land heilt mit seinen eigenen Gewächsen seine eigenen Krankheiten“. Dies sind die Worte des berühmten Arztes Paracelsius, die er im 16. Jahrhundert überzeugt verkündete.
Und denken wir diesen Gedanken bis heute weiter lässt es sich behaupten:
Gärten können Apotheken sein!
Schon unsere Urahnen aus der Jungsteinzeit nutzten Engelwurz, Kümmel und Mohn. Jedes Naturvolk verstand, bzw. versteht es die natürlichen Wirkstoffe aus einem reichen Erfahrungsschatz mit der Anwendung von Kräutern zur Gesundung und Gesunderhaltung einzusetzen.
Hochkulturen wie z.B. die Chinesen, Inder, Ägypter und Sumerer begannen Heilkräuter bereits in Gärten anzupflanzen. Sie Sumerer hielten ihr Wissen über Lorbeer, Kümmel und Thymian vor über 7.000 Jahren auf Tontäfelchen fest. Schon vor 3.200 Jahren gediehen Koriander, Minze und Zwiebeln in den Gärten der Ägypter.
Vor über 2.000 Jahren schrieben die berühmten Heilkundigen; Hippokrates, Theophrastus, Galenus und Dioskurides ihr Wissen über die Heilkraft von Kräutern nieder, welches im Mittelalter Grundlage unserer abendländischen Medizin wurde. Die Tibetische Medizin (tibetisch: gso-pa rig-pa, frei übersetzt „das Wissen vom Heilen“) zählt zu den ältesten Medizinsystemen der Welt. Sie ist keine Volksmedizin, sondern eine Art traditionelle „Schulmedizin“ und wurde im 8. Jahrhundert aus den damals vorherrschenden Medizintraditionen Asiens und nach den Lehren Buddhas erschaffen und schriftlich festgehalten.
Auf diese Weise wurde das Wissen von der Heilkraft der Kräuter über Jahrtausende weitergegeben und erweitert. Mönche begannen in Klostergärten Heilpflanzen systematisch anzubauen und zu untersuchen. Die ganzheitliche Gesundheitslehre der Hildegard von Bingen, die über eine rein naturwissenschaftliche Orientierung hinaus ging, betrachtete aus mittelalterlicher Sichtweise die Krankheiten des Menschen als Spiegel und Gleichnis des göttlichen Heilsgeschehen.
Dieses Wissen unserer Vorfahren wird heute in Laboren wissenschaftlich untersucht und deren pharmazeutische Wirksamkeit und medizinischer Anwendungsbereich oftmals bestätigt. Viele pflanzliche Präparate und Medikamente enthalten diesen einzigartigen Wirkstoff-Komplex der Kräuter. Die Möglichkeiten die uns Kräuter aber bieten ist weit mehr als diese nur dann in Form von Pillen zu uns zu nehmen wenn wir erkrankt sind.
Mit Kräutern im Garten leben, den Duft ihrer ätherischen Öle einzuatmen, als Tee zu trinken oder in einem Kräuterbad zu entspannen ist die beste und angenehmste Krankheitsvorsorge. Ihre Würzkraft lässt so manche Speise erst zu einem aromatischen Gaumen-Erlebnis werden. Jedes Kind weiß, das Tees aus unseren Hauskräutern z.B. Halsschmerzen und Husten lindern, den Sonnenbrand erträglich werden lassen und das eine oder andere „Wehwehchen“ verschwinden lassen. Manchmal helfen Sie uns, besser und tiefer in einen festen Schlaf zu finden.
Ausdauernde Gewürze wie Salbei, Lavendel, Oregano, Malve, Weinraute und Ysop passen ins Staudenbeet zu Rosen, Margariten, Glockenblumen, Sonnenhüten, Storchenschnabel und Goldruten ganz besonders gut.
Viele aromatische Pflanzen wie Thymian, Bergbohnenkraut und Rosmarin stammen aus dem Mittelmeer-Raum und fühlen sich an trockenen und sehr sonnigen Standorten besonders wohl. Sie sind also ideale Pflanzen-Partner der Felsengewächse im Steingarten.
Die einjährigen Kräuter wie Basilikum, Dill und Majoran gedeihen in Blumentöpfen besonders gut.
Die Grundlage des Kräutergartens, bzw. Beetes bilden die ausdauernden Stauden wie Lorbeer, Liebstöckel, Melisse, Pimpinelle, Estragon, Sauerampfer und Schnittlauch.
Indianernessel, Mohn, Kamille, Veilchen und Ackerstiefmütterchen passen in jedes Blumenbeet. Gemeinsam können sie einem Husten- und Erkältungstee beigemischt werden.
In der modernen Diätküche werden die Wirkungen vieler Kräuter auf die Funktionen des gesamten Organismus genutzt, ebenso wie die unterschiedlichen Aroma-Stoffe, mit deren Hilfe man wohlschmeckende Speisen zaubern kann, wenn salzarm oder gar salzlos gegessen werden muss. Getrocknete Kräuter sind hierbei nur ein Notersatz. Das wahre Geschmacks- und Geruchserlebnis bieten nur frische Kräuter.
Wer sich grundsätzlich dazu entschlossen hat Kräuter selbst anzupflanzen sollte dies mit Pflanzen beginnen, welche dem eigenen Gaumen am meisten entsprechen. Ein paar Zweige oder Blätter zum probieren hat vielleicht der Gartennachbar schon; – und wer Kräuter zieht hat immer reichlich davon. Ein Steckling, schnell gezogen, oder ein paar Samen, dass ist alles was man braucht!
Aber das Beste an den Kräutern ist ihre Genügsamkeit, d.h. dass sie also nicht „verwöhnt“ werden wollen. Ganz im Gegenteil! Nur wenn sie ein wenig darben und einen sonnigen Standort haben entwickeln sie ebenso viele ätherische Öle wie an ihren natürlichen, heimischen Standorten auf Schuttplätzen und an Wegrändern (einigen Ausnahmen mal ausgenommen). Einige von ihnen säen sich jedes Jahr von selbst erneut wieder aus und finden praktisch so selbständig ihren optimalen Standort; – sie werden heimisch bei uns im Garten. Für uns gilt es blos sie als junge Keimlingen nicht zu jäten und ihr Wachstum zu bewahren.
Wer einmal Blut geleckt hat wird bald entdecken das Salbei nicht gleich Salbei ist. Zahlreiche Salbei- und Thymian-Sorten z.B. geben jedem Gaumen und einem Gericht erst eine individuelle Note. Haben Sie schon mal einen Tee aus Annanas-Salbei probiert oder mit provenzialischem Thymian gekocht? Achtung: Kräuter können begeistern und schnell der Beginn einer großen Leidenschaft mit inniger Liebhaberei werden.
Und aus dem einen oder anderem Kraut, wie dem Rainfarn z.B., lassen sich für uns aus ihren getrockneten Blättern und Stielen hochwirksame Spritzbrühen herstellen. Auf diese Weise behandelte Sträucher und Bäume sind gesünder, kräftiger und widerstandsfähiger gegen Krankheiten und Schädlinge.